Nutzpflanzen in historischen Gärten


Schaugarten mit historischen Getreidearten auf der Cadolzburg


Zur Geschichte der Cadolzburg
Die Cadolzburg liegt ungefähr 20 Kilometer westlich von Nürnberg. Die Burganlage wurde auf einem Sporn errichtet, der sich deutlich aus der umliegenden Landschaft heraushebt. Im Jahre 1157 wird die Cadolzburg erstmals als Burg der Abenberger Rangaugrafen erwähnt. In der Mitte des 13. Jahrhunderts kamen die Nürnberger Burggrafen in den Besitz der Cadolzburg. Diese zogen sich bald darauf von Nürnberg zurück und erweiterten stattdessen die Cadolzburg zu ihrem wehrhaften und repräsentativen Stammsitz. Die Cadolzburg bildete nun das Zentrum eines stetig wachsenden Territoriums. So kamen die Nürnberger Burggrafen im Jahre 1260 durch Erbschaft in den Besitz von Bayreuth und 1331 in den Besitz der Stadt Ansbach. 1340 übernahmen sie schließlich auch die Herrschaft über Kulmbach und die Plassenburg. 1363 erhielten sie die Reichsfürstenrechte verliehen und 1417 wurden sie mit der Mark Brandenburg belehnt. Die hohenzollerschen Burggrafen trugen nun auch den Titel des Markgrafen von Brandenburg. Bis 1460 blieb die Cadolzburg ihre bevorzugte Residenz. Erst Markgraf Albrecht Achilles (1414-1486) verlegte die Hofhaltung in das zentraler gelegene Ansbacher Stadtschloss. Die Cadolzburg diente von da an als Nebenresidenz. 1792 fiel das Fürstentum Ansbach und damit auch die Cadolzburg an Preußen, 1806 an das Königreich Bayern. 1918 schließlich ging sie in das Eigentum des Freistaates Bayern über. Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Cadolzburg eine der am besten erhaltenen Burganlagen Deutschlands. Am 17. April 1945 fingen die Gebäude der Hauptburg Feuer und brannten fast vollständig aus. Die Bauten der Vorburg blieben dagegen verschont. 1979 fiel die Entscheidung für den Wiederaufbau der Hauptburg. Die Arbeiten begannen 1982 und fanden 2007 mit der Fertigstellung der Gebäudehüllen ihren vorläufigen Abschluss.

Von Lust- und Baumgärten auf der Cadolzburg
Der älteste Hinweis auf eine herrschaftliche Gartenanlage, einen sogenannten „hoffgarten“ außerhalb der Cadolzburg findet sich in einem Verzeichnis über die herrschaftlichen Besitzungen (Salbuch) von 1464. Den ersten Beleg für eine Gartenanlage innerhalb der Burganlage liefert die Zeichnung des Landgrafen Moritz von Hessen aus dem Jahr 1629. In dieser Skizze wird das Vorburgareal zwischen Pferdeschwemme und Halsgraben als „Lustgarten“ bezeichnet. Der Lustgarten war zunächst mit einem einfachen Staketenzaum umgrenzt, der 1736 durch die noch heute bestehende massive Gartenmauer ersetzt wurde. Die schmalen Wiesenflächen der beiden um die Hauptburg laufenden Zwinger wurden im 18. Jahrhundert mit hochstämmigen Obstbäumen bepflanzt. Zudem gab es außerhalb der Burganlage noch einen „Oberen Baumgarten“ mit einer Fischstube und einen „Unteren Baumgarten“ beim Badweiher. Beide Flächen waren große, mit Obstbäumen besetzte Wiesen.

Der große „Getreidekasten“ der Vorburg
Noch vor dem Dreißigjährigen Krieg wurde auf der Cadolzburg eine ca. 85 m lange, leicht abgewinkelte Fachwerkscheune, der sogenannte „Getreidekasten“, erbaut. Das Erdgeschoss dieses Gebäudes diente als Viehstall, während man in den Obergeschossen vorwiegend Getreide, aber auch Heu lagerte. 1641 richtete man für den Vogt, den vom Landesherren eingesetzten örtlichen Verwalter, im Getreidekasten eine Wohnung ein. Um 1700 wurde eine Rossmühle in das bestehende Gebäude eingebaut. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich der Fachwerkbau in einem desolaten Zustand. Aufgrund fortgeschrittener Baufälligkeit wurde der große Mittelteil des Getreidekastens 1864 abgerissen. Die beiden Gebäudeenden stehen noch heute.

Schaupflanzung mit historischen Getreidearten
Unmittelbar gegenüber dem alten Getreidekasten, im Areal des ummauerten Burgartens, zeigt die Bayerische Schlösserverwaltung seit einigen Jahren eine große Vielfalt mit den wichtigsten historischen Getreidearten (außer Reis) und –sorten sowie den drei bekanntesten Pseudogetreiden. Diese Schaupflanzung nimmt zum einen Bezug auf die Bedeutung, die das Getreide als Grundnahrungsmittel und Tierfutter besaß und auch heute noch besitzt. Zum anderen zeigt sich in der Benennung der großen Speichergebäude auf der Cadolzburg („Getreidekasten“, „Haferscheune“), welch wichtige Bedeutung die wehrhafte Burganlage für die sichere Aufbewahrung und Lagerung dieses Grundnahrungsmittels besaß. Zu einzelnen Getreidearten findet der Besucher auch Rezepte zum mitnehmen. Sie sollen dazu anregen, die historischen Sorten wieder in der Küche zu verwenden.

Süßgräser und Pseudogetreide
Die Süßgräser Weizen, Hafer, Roggen und Gerste stammen aus dem Nahen Osten, der Wiege des Getreidebaus. Dort säten die Menschen zum ersten Mal vor etwa 10.000 Jahren Pflanzensamen in der Nähe ihrer Lagerstätten aus. Heute spielt das Getreide weltweit eine zentrale Rolle bei der Nahrungsmittelproduktion. Zu den angebauten Getreidearten zählen neben Weizen, Gerste, Roggen und Hafer auch Hirse, Mais und Reis. In Deutschland werden sie mit Ausnahme von Hirse und Reis kultiviert. Amarant, Quinoa und Buchweizen sind keine Süßgräser und deshalb keine ‚echten‘ Getreidearten. Da man vor allem in wärmeren Breitengraden ihre Körner wie die der echten Getreidearten nutzt, werden sie Pseudogetreide genannt.

Der Weizen – eine Getreideart mit langer Evolutionsgeschichte
Der Ursprung des uns bekannten Weizens liegt vermutlich im „Wilden Einkorn“, welches bereits vor circa 10.000 Jahren im Norden Syriens wuchs. Zunächst sammelten die Menschen bevorzugt diejenigen Gräser, deren nahrhafte Körner bei der Reife nicht sofort aus der Ähre fielen. Nach und nach gingen die Sammler dazu über, die noch wilden Gräser gezielt anzusäen. Durch eine gezielte Auslese förderten sie die Verbreitung von Gräsern mit besonders kräftigen Ähren. So entstand eine der ältesten Kulturpflanzen, das „Einkorn“. Vermutlich durch die Einkreuzung des Ziegengrases (Aegilops speltoides) und durch natürliche Mutation entwickelte sich aus dem Einkorn der Wilde Emmer, das sogenannte „Zweikorn“. Aus diesem ging der Kultur-Emmer hervor und daraus wiederum der Hartweizen, Rauweizen und Kamut. Wahrscheinlich sind in einem parallelen Entwicklungsstrang aus einer Kreuzung des Wild-Emmers mit dem Gänsefußgras (Aegilops squarrosa) sowohl der Dinkel als auch der ertragreiche Weichweizen entstanden. Letzterer wird heute weltweit angebaut. Einige Experten sind der Meinung, dass der Wilde Emmer nicht aus einer Kreuzung des Wilden Einkorns mit dem Ziegengras entstanden sei, sondern aus dem Urartu-Weizen (Triticum urartu) hervorging. Der Urartu-Weizen ist ein Wildgras, das eine hohe genetische Ähnlichkeit mit dem Wilden Emmer aufweist.

Jost Albert, Susanne Biskup, Antje Brüning

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