Gärtner- und Häckermuseum in Bamberg
Das Gärtner- und Häckermuseum ist mit seiner Themenstellung der Kulturgeschichte des innerstädtischen Erwerbsgemüsebaus einzigartig in Süddeutschland. 1979 eröffnet, ist es als erstes oberfränkisches Freilichtmuseum der kulturhistorische Nukleus der am östlichen Rand der Bamberger Altstadt seit dem Spätmittelalter gewachsenen Gärtnerstadt. 2012 wurde es vollständig neu konzipiert. Es präsentiert in Haus und Garten die Lebenswelt einer vergleichsweise wohlhabenden Bamberger Gärtnerfamilie um 1900, die Nutzpflanzen der Gärtner und Häcker (Winzer), deren Geräte, Zünfte, Handelsgeschichte und ihre religiösen Bräuche. Der Bamberger Sortengarten mit vielen Bamberger lokalen Gemüsesorten ist über das Museum zugänglich.
Die Ausstellung im Haus zeigt neben den am Zeitraum um 1900 orientierten Wohnräumen und der schwarzen Küche aus der Bauzeit um 1767 die Haus- und Familiengeschichte der Bewohner dieses für die Bamberger Gärtnerstadt typischen Durchfahrtshauses. Der Kaltdachboden birgt wichtige historische Werkzeuge, die Zunft sowie den lokalen und den Fernhandel der Gärtner. Ihre Kulturpflanzen werden auch als Samen sowie mit einer Herkunftskarte dargestellt. Vom 16. bis ins frühe 19. Jahrhundert haben sie Zwiebel-, Rüben- und Kohlsamen sowie das quasi monopolartig angebaute Süßholz und den aus dem Saft hergestellten "Bärendreck" (Lakritze) europaweit recht erfolgreich verkauft. Den lokalen und regionalen Handel bestritten sie mit Frischgemüse. Dabei traten sie auch als Lieferanten für herrschaftliche Küchen und deren Gärten auf. Die Prozessionsfiguren runden das kulturelle Spektrum der Bamberger Gärtner ab, die diese Exponate noch heute alljährlich zu den Fronleichnamsprozessionen aus dem Museum holen und aufwändig geschmückt mitführen.
Den Häckern ist ein eigener Raum gewidmet, der neben den wichtigsten Geräten auch den detailgenauen Stadtplan von 1602 zeigt, der nicht nur die Gärtnerstadt mit ihrem bis heute kaum veränderten Straßennetz, sondern auch die Flächennutzungen der Häcker im Gebiet um den Domberg zeigt. Die Weinbauern, seit der Bamberger Bistumsgründung 1007 nachgewiesen, bewältigten in den vergangenen zwei Jahrhunderten zwei grundlegende Strukturwandel vom Wein zum Hopfen und weiter zur normalen bürgerlichen Landwirtschaft.
Die Kulturpflanzen-Präsentation im Hausgarten ist nur in randlichen Bereichen an historischen Anbauformen der Zeit um 1900 orientiert. Die größte Fläche zeigt als botanischer Garten die Vielfalt der in Vergangenheit und Gegenwart gezogenen gärtnerischen und häckerischen Kulturpflanzen.
Die recht lebendige Ausstellung kommt mit sehr wenigen Texttafeln und Vitrinen aus. Ein ebenso amüsant wie informativ besprochener Audioguide (Deutsch und Englisch), mehrere Multimedia- und zwei Filmstationen zu den Prozessionsbräuchen und zur Werkzeuganwendung sowie die Steckschilder im Garten legen Wert auf die lokalen Dialektbezeichnungen, ohne deren weite Symbolhorizonte die Bamberger Gärtnerkultur nicht zu vermitteln ist. Das im Rinderstall untergebrachte Kino zeigt Filme zu Fronleichnam und zum Bamberger Süßholz.
Sonderausstellungen sowie eine kleine Präsentation eines "Gemüses des Monats" sorgen für stetigen Wechsel im Museum.
Dr. Hubertus Habel