Nutzpflanzen in historischen Gärten

Der Küchengarten im ehemaligen Zisterzienserkloster Neuzelle


Über eine stufenförmige Terrassenanlage gelangt man in den fünf Hektar großen barocken Klostergarten von Neuzelle. Die prachtvolle Anlage ist in ihrer heutigen Form bis 1760 entstanden und beeindruckt durch ihre Symmetrien, Sichtachsen und Terrassenanlagen. Bereits unter Abt Martinus Graff (1727-41) begonnen, wurde der Ausbau der Außenanlagen des Klosters von seinem Nachfolger Abt Gabriel Dubau (1742-75) zielstrebig fortgesetzt.

Geschichte
Die Grundstrukturen konnten bis heute bewahrt werden. Lageplan und Ansichten der barocken Gartenanlage sind im Neuzeller Stiftsatlas überliefert, der als wichtige Grundlage für die Wiederherstellung des Gartens dient. Der Klostergarten gilt heute als einziger historischer Barockgarten im Land Brandenburg, der nicht im 19. Jahrhundert als Landschaftsgarten überformt wurde. Die Wiederherstellung des Klostergartens wurde 1997 von der Stiftung Stift Neuzelle begonnen und konnte im Jahr 2022 mit der Wiederherstellung des Küchen- und Kräutergartens vollendet werden.

In der Vergangenheit erlebte dieser Teil der Gartenanlage vielfältige Nutzungen. Nach Auflösung des Klosters wurde in diesem Bereich unter anderem eine Obstbaumschule durch das damals gegründete Lehrerseminar betrieben. Während der Zeit der DDR befand sich in diesem Teil der ehemaligen Klostergärten der Schulgarten der staatlichen Schule und mehrere Wochenendgärten (Schrebergärten).

Diese blieben bis in die jüngere Zeit erhalten und wurden bis zur Vorbereitung der Gartensanierung im Jahr 2017 genutzt. Erst mit dem letzten Bauabschnitt im Klostergarten von 2018 bis 2022 verschwanden auch diese. Über all diese Zeiten blieb die gärtnerische Nutzung der Flächen, wenn auch in unterschiedlichen Formen, erhalten.

Die heutige Nutzung
Bei der Wiederherstellung des Küchen- und Kräutergartens entschied man sich dazu die ehemals umfangreichen Küchenbeete als Obstgärten zu nutzen. Hier soll zukünftig in Form eines Schaugartens das breite Spektrum an Obstgehölzen präsentiert werden, das früher für einen solchen Garten üblich gewesen war. Dabei wird Wert auf Arten gelegt, die heute kaum noch Bedeutung haben bzw. gerade wieder entdeckt werden, wie zum Beispiel Quitte, Eberesche oder Mespel. Um die Pflege extensiver zu gestalten sind in diesen Bereichen Blumenwiesen angelegt worden.

Die deutlich kleineren Bereiche nördlich des Broderieparterres sind in Beerenobstquartier, Kräutergarten und Gemüsegarten geteilt.

In dem ca. 150 m² großen Beerenobstquartier ist auf eine Auswahl von vierzehn verschiedenen Beerensorten gepflanzt, die sich in Farbe und Geschmack unterscheiden und zu unterschiedlichen Zeiten reifen. An einer hölzernen Wand sind Weinspaliere mit roten und weißen Trauben angelegt. Dieser Wein wird nicht zum Keltern verwendet. Vielmehr wird er bei entsprechenden Anlässen als Tafeltraube genutzt.

Die sechs kleinen Gemüsebeete haben zusammen eine Nutzfläche von 90 m². Im östlichsten Beet finden sich die Dauerkulturen wie Rhabarber, Spargel oder Mehrrettich. Auf dem nächsten Beet wachsen verschiedene Getreidefrüchte, wie zum Beispiel Hirse, Amaranth oder Buchweizen.

Die restlichen Beete werden in einer klassischen 4-Felder-Wirtschaft mit Gemüse bestellt. Dabei liegt immer ein Beet brach. Der Boden kann sich „ausruhen“ und wird mit Mist belegt. Zur Unterdrückung von Unkräutern und um den Dünger besser umzusetzen, wird das Beet mit Kürbis besetzt.

Im folgenden Jahr wechselt dann die Nutzung. Auf das „ausgeruhte“ Feld werden die starkzehrenden Gemüse gepflanzt, wie zum Beispiel Kohl. Das Beet, auf dem vorher die Starkzehrer standen, nimmt dann die Mittelzehrer auf, dazu zählen die Wurzelgemüse wie Rüben, Mangold oder Salat. Auf dem letzten Beet werden die Schwachzehrer, wie Erbsen oder Bohnen, angebaut, bevor es im nächsten Jahr wieder brach liegt.

Auf dem Kräuterbeet werden heute auf einer Fläche von 150 m² etwa 100 verschiedene historische und neuzeitliche Heilpflanzen kultiviert. Alle Pflanzen werden auf einzelnen Schildchen mit ihrem lateinischen und ihrem deutschen Namen ausgewiesen. Die Pflanzen sind thematisch sortiert, je nach dem, für welchen Bereich im Körper sie traditionell verwendet wurden.

Das Broderieparterre im ehemaligen Küchengarten kennzeichnet sich durch seine formale Gliederung durch Apfelschnurbäumchen (Apfelcordons). Auch hier wurde bei der Auswahl darauf geachtet, alte Sorten mit solchen zu kombinieren, die einen regionalen Bezug haben. Wie zum Beispiel die Sorte Helios, welche in den 1980ger Jahren in Müncheberg, nördlich von Neuzelle, entwickelt wurde.


Ralf Mainz

Bildergalerie
Zum Öffnen bitte auf ein Bild klicken