Nutzpflanzen in historischen Gärten

Der Königliche Weinberg am Klausberg im Park Sanssouci


Entstehung der Nutzgärtnerei am Klausberg im 18. und 19. Jahrhundert
Auf Wunsch Friedrichs II. sollte nach der Vollendung des Baus des Neuen Palais 1769 im unmittelbar umliegenden Bereich am Westende des Sanssouci- Höhenzuges eine gärtnerische Anlage entstehen. Für den Bau der Umfassungs- und Treibmauern wurde das Material für den geplanten und nicht verwirklichten gotischen Gasthof im Hopfengarten verwendet. Drei kalte Treibmauern wurden für Pfirsiche, Aprikosen und „Lazaroäpfel“ (Crataegus azarolus) angelegt. Der Gardesoldat Werley wollte auf der Fläche unterhalb dieser Mauern Wein auf rheinländische Art anbauen. 1770 wurde das Drachenhaus östlich des Klausberges für diesen Weingärtner errichtet. Werley zog nie ein, weil er beim König in Ungnade fiel aufgrund seines Misserfolgs beim Weinanbau. Ein Jahr später wurde Heinrich Christian Eckstein (1719- 96), dem bereits für die Treibmauern zuständigen Hofgärtner im Palaisrevier, die Bewirtschaftung der gesamten Fläche übertragen. Dieser hatte mehr Erfolg bei der Kultur. Im Jahr 1772 wurde das Belvedere auf dem Klausberg errichtet. Als 1795 Eckstein in Alterspension ging, pflegten in der Nachfolge Johann Wilhelm Busch (1746-1812), Carl Friedrich Nietner (1766- 1824) und Carl Julius Fintelmann (1794- 1866) das Kulturland.

Alexis Lepère kommt nach Deutschland
Alexis Lepère d.J. entstammte einer bekannten Pfirsichzüchterfamilie aus Montreuil bei Paris. Nachdem er sich Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland einen Namen gemacht hatte, wollte er nun auch für den preussischen Hofe im Park Sanssouci sein Können unter Beweis stellen. Von 1859 bis 1861 überreichte er Kaiserin Augusta mehrfach Fruchtsortimente in großen Schalen mit der Bitte, eine Obsttreiberei seiner Bauweise auch in Sanssouci anlegen zu dürfen. Ein Jahr später wurde ihm das Areal am Königlichen Weinberg zugewiesen. Daraufhin begann er sofort mit dem Bau einer offenen Maueranlage. Die Wände bepflanzte er mit regelmäßigen Pfirsich-, Birnen- und Kirschspalieren, die Binnenräume nutzte er für Apfel- und Birnenspaliere. Aus Frankreich wurde ein Großteil der erforderlichen Pflanzen geliefert, die an den neuartigen Mauern nicht den erwarteten reichen Ertrag brachten, wohl aufgrund des härteren Potsdamer Klimas. 1896 wurde der aus Schlesien stammende Friedrich Kunert Hofgärtner im Terrassenrevier, ein Mann mit besonders großen Erfahrungen auf dem Gebiet der Obsttreiberei. In den folgenden Jahren entstand noch eine umfangreiche Gewächshausanlage zum Treiben von Pfirsichen und Wein im unteren Teil des Klausbergareals. Anfang des 20. Jahrhunderts betrug der jährliche Ertrag der dort stehenden 50 Pfirsichbäume ca. 24.000 Früchte. Die Weinernte belief sich im Jahr 1903 auf 21 Zentner. Nach der Abdankung des Kaisers pflegte die Gärtnermannschaft Kunerts das Areal auf dem Klausberg weiter.

Verfall der Lepèrschen Mauern
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der allmähliche Verfall des Areals, aufgrund des akuten Personal- und Geldmangels. Die Gewächshäuser dienten der Schrottgewinnung und als Materiallieferant für Reparaturen in anderen Gärtnereien. Im Laufe der Jahre füllten sich die ungenutzten Bereiche mit Wildwuchs und die Baulichkeiten verfielen.

Restaurierung des Königlichen Weinberges
Nach der politischen Wende 1989 gab es einige Interessenten für das Areal am Klausberg, doch der äußerst schlechte Bauzustand der Anlage schreckte fast alle ab. In den Jahren 1990 bis 2002 wurde durch die Finanzierung der Messerschmitt Stiftung die bauliche Hülle des oberhalb gelegenen Belvedere wieder hergestellt. Seit 1994 konnten ABM- Mitarbeiter und Firmen den Wildwuchs auf dem Gelände entfernen und den weiteren Verfall etwas aufhalten.

Zur Bewirtschaftung des Küchengartens
Im Jahr 1999 wurde die Restaurierung der Lepère´schen Mauern mit den Verein „Mit uns gelingt’s“ Brandenburg e.V. im Rahmen eines Wiedereingliederungsprogrammes mit sozial schwierigen Jugendlichen unter Anleitung von Mitarbeitern der SPSG durchgeführt. Seit 2006 ist die Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin- Brandenburg eine Kooperation mit den Mosaik-Werkstätten für Behinderte gemeinnützige GmbH eingegangen, die hier für Ordnung, Öffentlichkeitsarbeit und denkmalgemäße Bewirtschaftung sorgen. Sie halfen schon bei der Schuttentfernung, pflanzten Reben auf den Terrassen, Hochstammobst in der unteren Partie und Spalierobst (Äpfel und Birnen) im Lepèreschen Quartier. Als eine Art Museumsgarten soll dieses Areal am Klausberg wieder hergestellt werden. Ziel ist es, die Besucher über die historischen und heutigen Anbauformen zu informieren, vielleicht später auch einen kleinen Museumsladen zu betreiben. Auf Anregung der Mosaik-Werkstätten gibt es jetzt schon die informative Dauerausstellung „Friedrichs Traum von einem Weinberg“. 2012 wurde eine Freispalieranlage innerhalb der rekonstruierten Lepèrschen Mauern errichtet. Mittlerweile gedeihen auch wieder mehr als 2.000 Rebstöcke auf den Terrassen unterhalb des Belvederes, welche von Menschen mit Behinderungen gepflegt werden. So konnten im Jahre 2015 bereits wieder mehr als 13 Zentner Wein gelesen werden. Anders als zu Friedrichs Zeiten dienen diese Trauben jedoch nicht zur Speise sondern werden gekeltert. Es besteht die Vision, bis 2019 die Talutmauern und die Pfirsich- und Weinhäuser wieder in ihrer ursprünglichen Funktionsweise zu zeigen. Voraussetzung dafür ist jedoch die über Spenden zu finanzierende Wiederherstellung der desolaten historischen Baulichkeiten.

Natalie Ott


Eine Auswahl an gepflanzten Apfelsorten
Landsberger Renette, Cox Orangerenette, Kaiser Wilhelm Apfel, Prinzenapfel, Goldrenette von Blenheim, Ananasrenette, Großer Rheinischer Bohnapfel

Auswahl an gepflanzten Weinsorten
Black Hamburg, Agostenga, Regent, Phönix, Chardonnay, Cabernet Blanc, Weißer Gutedel, Blauer Portugieser

Vertiefende Literatur/Information:
Schurig, Gerd: Die Früchte der Hofgärtner, in: Nichts gedeiht ohne Pflege, Katalog zur Ausstellung in der Orangerie Sanssouci, Potsdam 2001

Schurig, Gerd: Pfirsiche von Kaisers Weinberg. Notizen zu Geschichte und Gegenwart der Nutzgärtnerei am Klausberg, in: Wege zum Garten, gewidmet Prof. Seiler zum 65. Geburtstag, Leipzig 2004

Schurig, Gerd: Die Entwicklung der Nutzgärtnerei am Klausberg, in: Jahrbuch SPSG Band 6.2004, Preussische Gärten in Geschichte und Denkmalpflege, Berlin 2006, S. 61-84.

http://www.koeniglicher-weinberg.de/


Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Postfach 60 14 62
14414 Potsdam
http://www.spsg.de


Mosaik-Werkstätten für Behinderte gemeinnützige GmbH
Ifflandstraße 12
10179 Berlin
http://www.mosaik-berlin.de/


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