Die Ananas
(Ananas comosus (L.) Merr.)
"Die meisten Wilden nähren sich von einer Nana genannten Frucht, die äußerlich einem Pinienzapfen gleicht… sie wird gelb, wenn sie zur Reife gelangt, und ist ob ihres Geschmacks und ihrer Süße von so hervorragender Köstlichkeit, dass sie an Lieblichkeit den feinsten Zucker übertrifft" (1).
So beschreibt der französischer Forscher André THEVET 1558 die bis dahin in Frankreich unbekannte Frucht, die der Ananas. Und Johann Georg KRÜNITZ stellt in seiner Oekonomischen Encyklopaedie von 1773 fest, dass die Ananasfrucht von einem lieblichen Geschmack, dergleichen man sonst bei keiner anderen Frucht antrifft, und welcher sich unmöglich beschreiben lässt (2).
Das Wort "Ananas" ist der Tupi Guarani entlehnt, einer in Brasilien und Paraguay gesprochenen indianischen Sprache. Das Ursprungswort A bezeichnet allgemein eine Frucht und Nana steht für köstlich. Mit dem Zusammenziehen der beiden Wortsilben durch den französischen Hugenottenpfarrer Jean de LÉRY, der ab 1556 Brasilien bereiste, entstand 1557 das Wort Ananas (3). Die Portugiesen übernahmen diese Bezeichnung, während die Spanier sich wegen der Ähnlichkeit zu einem Pinienzapfen für "Pina" entschieden und die Engländer daraus den "Pineapple" entwickelten. Die Azteken in Mexiko nannten die Frucht "Matzatli" und in Brasilien ist für eine bestimmte Sorte immer noch das alte Wort "Abacaxi" (Stachelfrucht) gebräuchlich (3).
Die Bedeutung der Ananas für die Europäer begann am 25. September 1493, als Christopher KOLUMBUS sich von Cadiz aus zum zweiten Mal auf den Weg in die neu entdeckte Welt machte. Im November 1493 ging sein Schiff in Guadeloupe vor Anker, wo ihm noch am Ankunftstag von den indianischen Eingeborenen als erstem Europäer eine Ananas als Willkommensgruß überreicht wurde. Die Ananaspflanze stammt ursprünglich aus dem Mato-Grosso-Gebiet im zentralen Südamerika. Dort hatten die Ureinwohner schon über einen langen Zeitraum damit begonnen, durch Auslese die wohlschmeckensten Früchte zu selektieren und weiter zu vermehren. Bestätigt hat das der italienische Humanist Pietro MARTIRE D´ANGHIERA (1457-1526) der in seinen "Acht Dekaden über die neue Welt" erwähnt, dass auch die Eingeborenen in Puerto Bello (Panama) Ananas mit großem Erfolg in ihren Gärten ziehen (3).
Während in Mittel- und Südamerika die Ananas schon früh domestiziert wurde, setzte die Kultur von diesem "geschmacksergötzenden Wunder der Natur" (4) in Europa erst Anfang des 18. Jahrhunderts ein, als die holländischen Treibhäuser größere Verbreitung fanden. Bis dahin blieben die Kulturerfolge offenbar Einzelfälle. So gelang im holländischen Leiden unter Herrn LE COUR um 1700 eine erfolgreiche Zucht einer Ananas und angeblich präsentierte der königliche Gärtner John ROSE im Jahr 1676 König KARL II. von England eine aus Trieben gezogene Ananas. Hierzu gibt es jedoch widersprüchliche Angaben. Johann Christoph VOLKAMER beschreibt 1714 in seinem zweiten Band der Nürnbergischen Hesperiden, daß man in dem Bosischen Garten in Leipzig die Ananas bestaunen könne (4).
Nach 1720 brach ein regelrechtes Ananasfieber aus wobei die wenigen Gärtner, die in der Lage waren Ananas zu kultivieren, ihr spezielles Wissen um die Kultur sehr hüteten. Die Kulturtechnik veränderte und verfeinerte sich fortwährend. Schon sehr früh wurden für diese Frucht spezielle Gewächshäuser gebaut. Man erkannte dass die Temperatur eine große Rolle spielte und die Pflanze es gern fußwarm haben wollte. Statt die Töpfe auf Stellagen zu stellen, wurden sie in Mist- oder Lohbeete eingesengt. Nach und nach trugen Publikationen das Wissen um die Kulturtechnik weiter. In der "Vollständigen Anleitung zur Wartung aller in Europa bekannten Küchengewächse" (3) von 1780 (aus dem Englischen übersetzt) werden Zeichnungen und Beschreibungen von Glashäusern zur Ananaskultur erwähnt. Das beflügelte die Begeisterung für die Ananaskultur und in der Folge entstand durch intensive Züchtung eine Vielzahl neuer Sorten. 1835 führte eine Liste für England 52 Sorten auf und der "Gardeners Chronicle" nennt 1841 für Versailles 40 Ananassorten (3).
Als durch die verbesserten Transportbedingungen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts der Import von Ananasfrüchten rasant zunahm, wurde der aufwändige und teure Anbau in den europäischen Hofgärten zunehmend unrentabel. Auch hatte sich der großflächige Anbau bis nach Europa vorgeschoben. Auf den Azoren wurde nun die Ananas kultiviert. Dort hatte 1874 ein Gärtner durch Zufall eine Entdeckung gemacht. Er verbrannte abgestorbene feuchte Blätter um den Schädlingsbefall in seinem Ananas-Glashaus vorzubeugen und löste damit die Blütenbildung aus, was bedeutete, dass alle Pflanzen zur gleichen Zeit begannen Blüten anzusetzen. Dieses durch Zufall entdeckte Verfahren nannte man später "Rauchgasmethode". Sie wurde beispielsweise auf Puerto Rico bis nach 1930 angewendet (3). Zu allen Zeiten gehörte es zur Krönung gärtnerischen Könnens, Ananaspflanzen zum Fruchten zu bringen. In der ehemaligen Benediktinerabtei in Seligenstadt am Main werden seit dem Jahr 2000 wieder mit großem Erfolg die Ananaspflanzen kultiviert.
Kulturgeschichtliche und wirtschaftliche Bedeutung erlangte nur die Ananas comosus, die anfänglich als Heilpflanze und später sehr schnell als eine äußerst wohlschmeckende Frucht erkannt und kultiviert wurde. Die Wildarten Ananas bracteatus (Lindl.) Schult.und Ananas nanus (L.B.Sm.) L.B.Sm. (Zwergform) tragen ebenfalls Früchte, erlangten aber wirtschaftlich keine so große Bedeutung. Ananas comosus gehört in die Familie der Bromeliaceaen und gedeiht mittlerweile in den tropischen Gebieten aller Kontinente und hat in einzelnen Regionen große wirtschaftliche Bedeutung. Der Artname comosus ist lateinischen Ursprungs und steht für stark behaart, was sich aber auf die Bekrönung der Frucht bezieht und im Allgemeinen mit schopfartig – als ein Haarschopf – übersetzt wird.
Die Pflanze hat 30-50 in einer dichten Rosette stehende Blätter, die in Schwertform bis 80 cm lang werden können und vielfach bedornt sind. Die Blätter weisen oberseits eine dunkel- teils olivgrüne Farbe auf während die Blattunterseite eher gräulich erscheint. Der Fruchtstand ist überwiegend langgestreckt zylindrisch bis länglich oval. Alle Früchtchen des Blütenstandes verwachsen zu einer gelblich grünen Sammelfrucht die bis zu 2,5 kg wiegen kann, auf einer Spindel steht und mit einem Blattschopf gekrönt ist. Die bis heute meist angebaute Sorte ist die 'Cayenne', die eine französische Expedition 1819 in Cayenne (Französisch – Guyana) als eine äußerst delikate Sorte entdeckte und die von dem französischen Botaniker Georg Samuel PERROTTET (1793-1870) den Sortennamen erhielt.
Die Frucht der Ananas enthält reichlich Vitamin A, B und besonders viel Vitamin C. Zu 85% besteht sie aus Wasser, zu 13% aus Zucker, der Rest teilt sich in Mineralstoffe und Eiweiß, Eisen und Fruchtsäuren auf (3). Die rohe Ananas enthält das eiweißspaltende Enzym Bromelin, benannt nach dem schwedischen Arzt Olaus BROMEL (1639-1705).
Kunstgeschichtlich erlangte die Ananas größere Bedeutung in Verbindung mit der Architektur. Kolumbus erhielt die Frucht als Willkommensgruß, dafür steht sie noch heute. Man findet sie auf Postamenten an Toren oder auch auf Firstkanten auf Gebäuden, sie grüßt den Eintretenden und heißt ihn Willkommen. Im Rokokogarten in Veitshöchheim zieren 4 Ananasfrüchte das nördliche indianische Häuschen und den spektakulärsten Ausdruck fand die Ananas im Dunmore Park in Schottland, wo John MURRAY, vierter Earl of Dunmore 1761 den Mitteltrakt seines Treibhauses mit einer überdimensionalen Ananas bekrönen ließ. Eine sehr schöne, wenn auch kleine Darstellung der Ananas findet sich als Lüftlmalerei an der Marienapotheke am Stadtplatz in Traunstein (Oberbayern). 1891 von Joseph WIDMANN gemalt, wird die Ananas zusammen mit anderen Früchten abgebildet und deutet im Zusammenhang mit der Apotheke darauf hin, dass sie ursprünglich auch als eine Heilpflanze genutzt wurde.
Gartenbaugeschichtlich widmete man der Ananas eigene Treibhäuser oder Treibkästen. Christian Gottfried DONATIUS zeigt 1780 in seiner Übersetzung der "Vollständigen Anleitung zur Wartung aller in Europa bekannten Küchengartengewächse" ein mit einem Lohbeet ausgestattetes Glashaus für die Kultivierung der Ananas (3). W. TATTER bildet in seiner Anleitung zur Obsttreiberei von 1879 einen massiven Treibkasten ab (5) und Hampels Handbuch der Frucht- und Gemüsetreiberei von 1923 (6) zeigt den Querschnitt eines Ananastreibhauses, wie sie vereinzelt noch existieren. Ein solcher Haustyp aus dem Jahr 1844/46 steht noch heute im Schlosspark von Biebrich (Wiesbaden), der in den nächsten Jahren saniert und wieder in Betrieb genommen werden soll.
Manfred Handke
Und in der Literatur findet sich unter anderem folgender Vers zur Ananas: (entnommen aus: E. Hinrichs 1996)
"Ein garstig pflantz das ist
Zersneidt mit sägengleich Geblätt die Arm
und da man ihr mit Wuth
abgedreht das schuppig Haubt
am Schopfe es gepacket
scalpieret und gehäutet
ein süß Safft aus geelem Fleische quillt
verklebet eim die zung im Gaumen.
Ihr teufflisch betörend Duft umgarnet
Zu unchristlich Sinneslust
und Völlerei
bis eß nach der zehner Stuck
gantz furchtbarlich putzt das gedärm."
(Anonymus)
Rezept:
Cocktail "Blumenwiese" - für 1 Tumbler von 250 ml
(aus: REDIES, A.; RYNIO, J. (o.J.): Cocktails. Gräfe und Unzer Verlag, München)
16 cl Ananassaft, 16 cl Orangensaft (frisch gepresst)
1 frische Scheibe Ananas ca. 100 g
2 cl Bourbon Whiskey,
2 cl Southern Comfort
1 ½ cl Zitronensaft (frisch gepresst)
1 cl grüner Pfefferminzsirup
benötigte Utensilien: Shaker, Stößel, Eiswürfel, Barsieb, Trinkhalm
Ananas- und Orangensaft mischen und in eine Eiswürfelschale geben oder mit einem kleinen Trichter in einen Plastik-Eiswürfelbeutel füllen. Im Gefrierfach etwa 12 Std. gefrieren lassen. Von der Ananas die Schale wegschneiden. Fruchtfleisch klein würfeln, in den Shaker geben. Whiskey, Southern Comfort, Zitronensaft und Sirup dazugeben und die Ananas mit dem Stößel gut zerquetschen. Acht Saft-Eiswürfel aus Schale oder Beutel lösen und im Tumbler mit dem Stößel zerdrücken. Einmal durchrühren. 4 normale Eiswürfel in den Shaker geben. Den Shaker verschließen und etwa 20 Sek. kräftig schütteln. Den Inhalt des Shakers durch das Barsieb in das Glas gießen. Den Drink mit dem Trinkhalm servieren.
Verwendete Literatur:
(1) SAUDAN-SKIRA, Sylvia; SAUDAN, Michel (1998): Orangerien. Köln.
(2) KRÜNITZ, Johann Georg (1773): Oekonomische Encyklopaedie, Band 2 (An – Auf). Berlin.
(3) HINRICHS, Erich (1996): Ananas -Die königliche Frucht-. Heidelberg.
(4) VOLKAMER, Johann Christoph (1714): Nürnberger Hesperiden, Band 2. Frankfurt/Leipzig.
(5) TATTER, W. (1879): Anleitung zur Obsttreiberei. Stuttgart.
(6) KUNERT, F. (1923): Hampels Handbuch der Frucht- und Gemüsetreiberei. Berlin.
Abbildungen:
Abb. 1) Ananasfrucht (verändert), in: George BROOKSHAW: Pomona Britannica, 1812.
Abb. 5) Ananastreibhaus, in: KUNERT, F. (1923): Hampels Handbuch der Frucht- und Gemüsetreiberei. Berlin.
Abb. 6) Ananastreibkasten, in: TATTER, W. (1879): Anleitung zur Obsttreiberei. Stuttgart.