Die Erbse
(Pisum sativum)
"Es war einmal ein Prinz, der wollte heiraten …"; so beginnt ein bekanntes Märchen von Hans Christian Andersen. Doch wie findet man die passende, die "wirkliche" Prinzessin? Zwanzig übereinandergestapelte Matratzen plus zwanzig darüber aufgetürmte Decken sowie eine am Boden versteckte Erbse beenden schlussendlich die lange Suche nach der geeigneten Braut. Denn nur jene, die diese kleine Frucht spürt, ist so sensibel, dass sie die "wahre" Prinzessin sein kann; soweit das Märchen von der "Prinzessin auf der Erbse".
Die Erbse gehört zur Familie der Hülsenfrüchtler (Leguminosae) und ist geschichtlich gesehen eine der am längsten von Menschen kultivierte Pflanze. Zusammen mit Linsen galten Erbsen bereits bei den ältesten Ackerbauern in Mitteleuropa neben Emmer, Einkorn und Gerste als Grundnahrungsmittel. [1] Als Herkunfts- und Domestikationsgebiete gelten der östliche mediterrane Raum sowie Klein- und Vorderasien. [2] Bei den ältesten Erbsenfunden handelt es sich um Wilderbsen (Pisum elatius), von denen sich die heutigen Kulturerbsen ableiten. Forschungsgegenstand hinsichtlich Ursprung und Abstammung sind hierbei die über Jahrtausende in verkohltem Zustand erhaltenen reifen Erbsen. Die Wilderbsen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Oberflächenstruktur der Samenschale – sie ist rau, bei den kultivierten Erbsen hingegen ist sie glatt – und der Größe des Nabels, der bei den Wilderbsen eher klein, rundlich-oval ist, bei den kultivierten Kulturerbsen indessen ist er größer und von länglich-ovaler Form. [2]
Bei Zedler [3] wird die Pflanzenphysiognomie der einjährigen, krautigen Erbse wie folgt beschrieben: "Diese treibet lange hohle gar brechliche Stengel, welche weißlicht, grün und ästig sind, legen sich auf das Land und kriechen darauf herum, wenn keine Staude oder Reißig darzu gesteckt werden, daran sie sich erhalten können. Sie tragen viel länglichte Blätter, darunter einige als wie ein Kragen um den Stengel gehen, die anderen wachsen Paar und Paar an denen Stielen, daran zu Ende ein Gäblein zu befinden."
Letzteres beschreibt die Wickelranken, die an den Enden der Blätter sitzen und mit jenen sich die Stützpflanze emporrankt. Denn die Erbse verfügt nicht über eine selbsttragende Achse, wobei die niederliegenden Stengel allerdings die Fähigkeit besitzen in die Höhe zu wachsen, wobei sie sich mit ihren Ranken gegenseitig selbst festhalten. [4] Die Wuchshöhen variieren je nach Sorte zwischen 0,25 bis 2 m. Die weißen bzw. rosa- oder purpurfarbenen Blüten der Erbse bilden sich an der oberen Stengelhälfte in den Blattachseln. Bei der Befruchtung handelt es sich je nach Klima um Selbstbefruchtung (gemäßigte Klimazone) oder Kreuzbestäubung (trockenes, wärmeres Klima). Die Frucht der Erbsenpflanze ist eine Hülse, in denen die Samenanzahl zwischen 3-4, 5-6 oder 7-12 Samen schwankt. [4]
"Nützlich bei den Reichen und Armen Leuten/ dann sie settigen/ speisen und nehren wohl" so schreibt Hieronymus Bock bereits 1595 in seinem Kreutterbuch. [5] Und auch heute noch sind Erbsen in aller Munde! Allein oder als Mischgemüse zubereitet, handelt es sich um ein weltweit begehrtes Gemüse. Dass sie so beliebt sind, liegt einerseits an den Inhaltsstoffen Glucose, Fructose und Saccharose, die einen pikanten, süßlichen Geschmack bewirken. Andererseits ist es ein nahrhaftes Gemüse, welches besonders hochwertiges Eiweiß sowie beachtlich hohe Werte der Vitamin-B- Gruppe enthält. Das Wissen um diese Eigenschaften brachte womöglich den Konservenfabrikanten J. H. Grüneberg aus Berlin 1867 dazu, mit Erbsen zu experimentieren und die erste deutsche "Fertigsuppe" zu entwickeln: die Erbswurst. Dieses Gemisch aus Erbsenmehl, Speck, Gewürzen und Salz wurde mit Hilfe von Wurstspritzen in Papierhülsen eingefüllt und dann abgepackt verkauft; das Fast Food des 19. Jahrhunderts. Die Entdeckung durch das preußische Militär verhalf der Erbswurst zu großer Bekanntheit: 1870 versorgte man damit das preußische Heer auf seinem Feldzug nach Frankreich. Bis heute wird die Erbswurst abgepackt durch einen großen Konservenkonzern verkauft. Die Zubereitung durch Vermischen eines Teiles der Trockenmasse mit 250 ml Wasser und anschließendem Aufkochen mutet allerdings wenig kulinarisch an.
Da ist die beliebte Erbsensuppe, ein Rezeptklassiker aus den 1950er Jahren, wohl doch leckerer!
Linda Großkopf
Verwendete Literatur:
[1] Körber-Grohne, Udelgard: Nutzpflanzen in Deutschland, Stuttgart 1994.
[2] Geisler, Gerhard: Farbatlas landwirtschaftliche Kulturpflanzen, Stuttgart 1991.
[3] Zedler, Johann Heinrich: Universal-Lexicon, Band 9, 1731/54.
[4] Vogel, Georg: Handbuch des speziellen Gemüsebaues, 1996.
[5] Bock, Hieronymus: Kreutterbuch, Straßburg 1595.
[6] rbb, preussenchronik.de www.preussenchronik.de, 8.10.2014
Rezept:
Erbsensuppe – klassisch!
Für 4 Personen
300 g ungeschälte, getrocknete grüne Erbsen über Nacht einweichen.
500 g Suppengrün (Möhren, Knollensellerie und Lauch) putzen, schälen und in 1 cm große Würfel schneiden, 120 g durchwachsenen Speck fein würfeln und in einem Topf mit 1 EL Sonnenblumenöl anbraten. Das vorbereitete Gemüse zugeben und 3 Minuten unter Rühren andünsten, 1 Lorbeerblatt, 3 Stiele Majoran, Erbsen, Einweichwasser und zusätzlich 300 ml Wasser zugeben, aufkochen und circa 60 min bei mittlerer Hitze köcheln lassen. 300 g festkochende Kartoffeln zwischenzeitlich schälen, klein schneiden und 30 Minuten vor Garzeitende zugeben. Zum Schluss 4 Wiener Würstchen klein schneiden und untermengen. Abschließend die Erbsensuppe mit Salz und schwarzem Pfeffer kräftig würzen.