Nutzpflanzen in historischen Gärten


Die Tomate

(Solanum lycopersicum L.)

Die Tomate gelangte unmittelbar nach der Entdeckung Amerikas, wohl um 1500 durch Christoph Kolumbus, aus Mittel- und Südamerika nach Europa. In ihrer Heimat "wurden Tomaten von den Maya und anderen Völkern etwa 200 v. Chr. bis 700 n. Chr. als "xitomatl" kultiviert." (1) Von dieser aztekischen Bezeichnung leitet sich der erst seit dem 19. Jahrhundert bei uns gebräuchliche Name "Tomate" ab. Nach seiner Entdeckung und Einführung in Europa bezeichnete man dieses beliebte Gemüse aus der Neuen Welt zunächst als "Liebesapfel" oder "Goldapfel"; so wie die ebenfalls aus der neuen Welt nach Europa eingeführte Kartoffel anfangs auch "Erdapfel" genannt wurde. Der Name "Paradiesapfel", der ebenfalls für die Tomate gebräuchlich war, hat sich bis heute in der österreichischen Bezeichnung "Paradeiser" erhalten. Der Name Goldapfel bezieht sich darauf, dass Tomaten nicht nur rote, sondern auch orange und gelbe Früchte tragen können, was auch anhand früher historischer Pflanzendarstellungen belegt ist. Noch heute heißt die Tomate im Italienischen "pomodoro" – was übersetzt "Goldapfel" bedeutet, während neben den deutschen auch die Engländer und die Franzosen das Wort "Tomate" verwenden. Heute wissen wir, dass die Früchte von Tomatenpflanzen ein breites Farb- und Formenspektrum aufweisen können.

"Erste Beschreibungen der Pflanze stammen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, vor allem aus Italien. 1544 beschrieb Pietro Andrea MATTIOLI die Pflanze zunächst als "Pomi d'oro" (Goldener Apfel) und führte 1554 die gleich zu übersetzende lateinische Bezeichnung "Mala aurea" ein. Andere frühe Beschreibungen und Zeichnungen stammen von Georg OELINGER (1553), Leonhart FUCHS (1561) und Conrad GESNER (1561). Da zu dieser Zeit noch kein einheitliches System zur wissenschaftlichen Benennung von Lebewesen verwendet wurde, taucht die Tomate unter einer Vielzahl unterschiedlicher Namen in der damaligen Literatur auf, unter anderem "mala peruviana", "pomi del Peru" (peruanischer Apfel), "poma aurea", "pomme d'Amour", "pomum amoris" (Liebesapfel) oder auch zusammengesetzte Namen wie "poma amoris fructo luteo" oder "poma amoris fructo rubro". (1)

Ähnlich wie die Kartoffel, betrachtete man auch die Tomate in Europa lange Zeit als Zierpflanze. Olivier DE SERRES (1539-1619) empfiehlt beispielsweise in seinem 1600 erschienenen "Theatre de l’agriculture" die Tomate als Verzierung der Gartenlauben zu verwenden, warnt aber vor dem Genuss ihrer gesundheitsschädlichen Früchte. Quintinie kultivierte die Tomate im Potager du Roi in Versailles ebenfalls nicht. Noch LE BERRYAIS schreibt 1785, dass man die Tomaten in die Rahmenrabatten der großen Parterres pflanzt, wo sie mit ihren roten Früchten im Herbst einen schönen Aspekt bilden. (2) Auch in den Katalogen der französischen Samen- und Handelsgärtnerei VILMORIN in Paris, wird die Tomate noch 1760 als Zierpflanze und erst seit 1778 als Gemüsepflanze geführt. (3) In Mittel- und Nordeuropa setzt die Verwendung der Tomate als essbares Gemüse also in den letzten beiden Jahrzehnten des ausgehenden 18. Jahrhunderts ein, anders als in Italien, wo die Tomate schon Anfang des 18. Jahrhunderts in der Küche Verwendung fand. Darauf wird in der 1719 erschienenen englischen Übersetzung "The Complete Herbal" von Joseph Pitton de TOURNEFORTS französischem Kräuterbuch hingewiesen. Erst "Ende des 18. Jahrhunderts bezeichnete die Encyclopaedia Britannica den Einsatz von Tomaten in der Küche als "alltäglich". (1)

1819 beschreibt der Sekretär der Horticultural Society of London, Joseph SABINE (1770-1837), insgesamt sechs Tomatensorten, deren Samen nach seinen Aussagen nahezu komplett aus Frankreich beschafft worden seien. Neben vier rotfrüchtige Tomatensorten, dem "Großen Liebesapfel", dem "Kleinen Liebesapfel", dem "Birnenförmigen Liebesapfel" und dem "Kirschen Liebesapfel", letztere mit kirschgroßen runden Früchten, nennt er auch zwei gelbfrüchtige Sorten, den "Großen gelben Liebesapfel" und den "Kleinen gelben Liebesapfel", wobei er darauf hinweist, dass der Große gelbe Liebesapfel schon 1613 bei BESELER im "Hortus Eystettensis" abgebildet sei; den in der Literatur genannten "Weißen Liebesapfel" kenne er dagegen nicht. (4)

In einem 1804 in Wien und Hamburg erschienenen Kochbuch heißt es über die Verwendung der Tomate: "Dieses Gemüse oder diese Frucht, wie man es nennen will, war vor fünfzehn Jahren noch völlig unbekannt in Paris. Erst seit der Revolution sind die Tomaten durch die Menge Fremden vom Mittag her bei uns einheimisch geworden. Sie waren anfangs sehr theuer, jetzt kann man sie sehr wohlfeil haben. Für die Küche sind sie ein sehr willkommener Zuwachs. Man macht aus ihnen vortrefliche Saucen, die sich zu allen Arten von Fleisch, selbst zu Braten, essen lassen. Vorzüglich aber passen sie zu gekochtem Fleisch (...) und geben den gewöhnlichsten Zubereitungen einen köstlichen Geschmack. Man bedient sich ihrer als Coulis
[= Püree] in den Fasten-Reispotagen [Potage = Eintopf], die durch sie einen angenehmen säuerlichen, höchstpikanten Geschmack erhalten." (5)

Der bayerische Hofgärtner Wilhelm BISCHOFF erwähnt in seinem 1865 verfassten Werk über den Küchengarten auch die Tomate, deklariert sie jedoch noch als Kartoffelart. Über ihre Kultur schreibt er lediglich, dass sie im Küchengarten an Stäben aufgebunden gezogen wird und am besten auf sonnigen Beeten gedeiht. Im Übrigen verlange die Tomate nur sehr wenig Pflege. (6)

Seit Jahren erlebt die Tomate einen regelrechten Boom. Mehrere hundert Sorten sind heute bekannt. Der enorme Farben- und Formenreichtum der Tomate ist mit kaum einem anderen Gemüse vergleichbar. Dank passionierter Sammler ist es mittlerweile relativ einfach auch an Samen von seltenen Sorten zu gelangen. Heute ist die Tomate, sei es als kleinfrüchtige Johannisbeer- oder Cocktailtomate oder als großfrüchtige Fleischtomate aus den Gemüse- und Küchengärten und aus der Küche nicht mehr wegzudenken. Vor dem Hintergrund ihrer heutigen Beliebtheit erstaunt es aber schon, dass die Tomate in Mittel- und Nordeuropa erst so spät in die Küchengärten Einzug gehalten hat.

Jost Albert


Verwendete Quellen:
(1) WIKIPEDIA: Stichwort "Tomate", Stand 07/2012.
(2) LE BERRYAIS, Louis-René (1785): Traité des jardins ou le nouveau De La Quintinye. Band 2. Paris, S. 398
(3) AUCANTE, Pierre; BISTOLFI, Robert et al (2003): L’Encyclopédie du Potager. Arles.
(4) SABINE, Joseph (1819): On the Love Apple or Tomato, and an account of its Cultivation. In: Transactions of the Horticultural Society of London, 1820, Band 3. London, S. 342 ff.
(5) Autor unbekannt (1804): Die Köchin wie sie seyn sollte oder neueste Restauration zu Paris, S. 197.
(6) BISCHOFF, Wilhelm (1865): Der Küchengarten und seine Pflege. Eine Anleitung zum Gemüsebau in kleineren Gärten. München, S. 126.


Gefüllte Tomaten mit Reis

Zutaten (für 4 Personen):
12 mittelgroße Tomaten
1 Knoblauchzehe
2 Zwiebeln
400g mit Salz, Pfeffer und Petersilie gewürztes Hackfleisch
2 kleine Eier
200 g gekochter und abgekühlter Reis
15 Basilikumblätter klein schneiden
1 Eßl Tomatenmark
gemischte Kräuter der Provence
1 Eßl Olivenöl

Zubereitung:
Die Tomaten waschen und das obere Viertel als Kopf abschneiden. Mit einem kleinen Löffel das Innere der Tomaten aushöhlen – aber aufpassen, das der Tomatenboden dabei nicht beschädigt wird. Das herausgeschälte Innere der Tomaten abtropfen lassen. Zwiebeln und Knoblauchzehe fein hacken. In einer kleinen Kasserolle Zwiebeln und Knoblauch in 2-3 Esslöffel Olivenöl dünsten bis sie glasig werden – nicht braun werden lassen; dann salzen und in eine Schüssel geben. Den Backofen auf 180 °C vorheizen. In der zuvor verwendeten Kasserolle das Hackfleisch mit dem Tomatenmark, dem abgetropften Tomateninneren und den Kräutern der Provence vermischen und 5 Minuten dünsten. In einer großen Salatschüssel den gekochten Reis mit dem Hackfleisch, den geschlagenen Eiern, den gedünsteten Zwiebeln und den gehackten Basilikumblättern gut mischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Eine flache Auflaufform mit dem restlichen Olivenöl einfetten die Tomaten mit der Reis-Fleisch-Masse füllen und den zu Beginn abgetrennten Kopf wieder oben aufsetzen. Die gefüllten Tomaten im Backofen auf mittlerer Schiene 40 bis 50 Minuten garen und heiß servieren.

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