Nutzpflanzen in historischen Gärten


Die Ringelblume

(Calendula officinalis)

Die Ringelblum, die mit der Sonn’ entschläft und weinend mit ihr aufersteht.
(aus: William Shakespeare, Das Wintermärchen)

Die Ringelblume (Calendula officinalis), volkstümlich auch Goldblume, Sonnwendblume, Regenblume, Ringelrose oder Sonnenbraut genannt, gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Die anspruchslose, meist einjährige Art gedeiht auf allen Böden und blüht von Juni bis September. Sie ist in ganz Europa verbreitet und wird in Deutschland, den Mittelmeerländern, in Ägypten, Polen, Ungarn und auf dem Balkan feldmäßig angebaut. Obwohl sich die Ringelblume im Garten selbst aussamt, ist ihre Verwilderung auf anthropogen beeinflusste Standorte wie an Gartenzäunen, Wegrändern und in Weinbergen begrenzt. [2] Der botanische Name Calendula leitet sich vom lateinischen „calendae“ ab, dem ersten Tag des Monats. Damit wird wohl einerseits auf die Eigenschaft der Ringelblume angespielt, den Tagesverlauf anzuzeigen, da ihre Blüte der Sonne folgt, andererseits auch auf ihre monatelange Blütezeit. Sie galt außerdem als Wetterorakel, denn wenn die Blüten morgens um sieben noch geschlossen sind, kündigt das einen regnerischen Tag an. [3]

Bekannt als Heil- und Zierpflanze ist die Ringelblume bereits seit der Antike. Es ist allerdings nicht geklärt, ob es sich bei der von antiken Schriftstellern erwähnten Blume um die Garten-Ringelblume handelte, einen vermutlich in Nordwestafrika entstandenen Bastard aus zwei Wildarten, oder aber um die im Mittelmeergebiet heimische Acker-Ringelblume (Calendula arvensis). [1] In Deutschland wird die Ringelblume seit dem Mittelalter als Heilpflanze verwendet und beschrieben, unter anderem von Albertus Magnus. Hildegard von Bingen bezeichnete sie aufgrund ihrer ringförmig eingerollten Samen als „Ringula“ oder „Ringella“ und nennt sie als Mittel bei Hautproblemen und auch zur Heilung verschiedener Viehkrankheiten. Auch Hieronymus Bock, Leonhart Fuchs, Tabernaemontanus und andere Verfasser von Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts behandeln die Ringelblume. Der Arzt und Botaniker Pietro Andrea Mattioli beschreibt in seinem „Kreutterbuch“, 1590 übersetzt von Joachim Camerarius, die Ringelblume als Arznei gegen Gelbsucht, Herzklopfen und als schweißtreibendes Mittel. In der äußerlichen Anwendung empfiehlt er Ringelblumenwasser als Tropfen bei Augenentzündungen und Umschläge aus den zu Pulver verarbeiteten Blüten gegen Zahnschmerzen. [6] Darüber hinaus wurde Ringelblume gegen Gallenblasenbeschwerden und Leberleiden sowie als wurmtreibendes Mittel und auch als Abtreibungsmittel angewendet. Ihr englischer Name „Marygold“ zeichnet sie als Attribut der Jungfrau Maria und damit als Blume der Frauen aus, vielleicht auch, weil sie bei Frauenleiden und Menstruationsbeschwerden eingesetzt wurde. Wegen ihres hohen Anteils an Farbstoffen wurden die Blütenblätter außerdem zum Färben von Butter und als falscher Safran genutzt.
Auch heute noch gilt die Ringelblume, deren Blütenblätter ätherische Öle, Saponine, Bitter- und Schleimstoffe enthalten, als hervorragende Heilpflanze. Unbestritten ist ihre entzündungshemmende und wundheilende Wirkung. Sie wird in Form von Tee, als Umschlag oder als Bestandteil von Salben angewendet. In der Kräuterkosmetik ist der ölige Auszug aus den Blütenblättern ein wertvoller Bestandteil von Cremes, Reinigungsmitteln und Hautölen. Die essbaren Blütenblätter der Ringelblume können auch als dekorative Bereicherung Salaten und Kräutertees beigemischt werden.

So vielfältig wie ihre Heilwirkungen sind auch die Bedeutungen der Ringelblume in Symbolik und Volksglauben. [4] In der Blumensprache symbolisiert sie mit ihren goldgelben, strahlenkranzförmigen Blüten Sonne und Kraft. Gleichermaßen steht sie für den Lebensweg des Menschen, der dem Schicksal folgt wie die Ringelblumenblüte der Sonne. Sie galt aber ebenso als Totenblume, weil man aus ihr Totenkränze flocht und sie auf Gräber pflanzte, um mit ihrem strengen Geruch böse Geister zu abzuwehren. [3] Neben ihrer Bedeutung als Wetterorakel sagte man der Ringelblume auch eine Wirkung in der Liebe nach. Frauen sollen Liebestränke aus Ringelblumen kredenzt haben, auch ein in violetten Stoff eingehülltes Stück ihrer Wurzel erzielt angeblich eine entsprechende Wirkung. Etwas aufwendiger ist ein Liebeszauber, für den junge Frauen den Fußabdruck des Angebeteten ausgraben, in einen Blumentopf füllen und diesen mit Ringelblumen bepflanzen müssen, worauf die Liebe des Mannes blühen und gedeihen wird wie die Blume. [3] In der englischen Dichtung des 14. Jahrhunderts wiederum steht die Ringelblume – vielleicht aufgrund ihrer gelben Farbe - für Eifersucht, auch später wird sie zuweilen mit Trennung, gebrochenem Herzen und Heimweh assoziiert. [5]

Die Verwendung der Ringelblume als Zierpflanze kann seit dem frühen 16. Jahrhundert nachgewiesen werden. 1561 wird zum ersten Mal auch eine Form mit gefüllten Blüten beschrieben, bis Ende des 16. Jahrhunderts entstehen dann mehreren Gartensorten mit einfachen oder gefüllten Blüten. Von einer gezielten Züchtung zahlreicher Sorten mit unterschiedlicher Blütengröße, Füllung und vielen Farbabstufungen zwischen Gelb und Orange kann man jedoch erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts sprechen. [1] Heute sind zahlreiche Sorten im Handel wie zum Beispiel ‚Prince of Orange’, ‚Honey Babe’, ‚Fiesta Gitana’ oder ‚Oranja’. Die Ringelblume ist eine beliebte Sommerblume in Hausgärten, Bauerngärten und für die Balkonbepflanzung.

Katrin Schulze


Verwendete Literatur:

[1] Krausch, Heiz-Dieter, „Kaiserkron und Päonien rot...“ – Entdeckung und Einführung unserer Gartenblumen, München / Hamburg 2003
[2] Laux, Hans E. / Tode, Alfred: Heilpflanzen – wie sie wachsen, blühen, wirken, Frankfurt a. M. 1990
[3] Scherf, Getrud, Zauberpflanzen und Hexenkräuter. Mythos und Magie heimischer Wild- und Kulturpflanzen, München 2014
[4] Heilmeyer, Marina, Die Sprache der der Blumen. Pflanzen und ihre symbolische Bedeutung, München 2016
[5] Zerling, Clemens, Lexikon der Pflanzensymbolik, Baden / München 2007
[6] Mattioli, Pietro Andrea / Camerarius, Joachim, Kreuterbuch desz hochgelehrten unnd weitberühmten Herrn D. Petri Andreae Matthioli, Frankfurt, 1590


Abbildungen:

Abb. 1) Ringelblumen, aus: Leonhart Fuchs, New Kreüterbuch, Basel 1543
Abb. 2) Ringelblumen, aus: Mattioli / Camerarius, Kreuterbuch, Frankfurt 1590
Abb. 3) Calendula officinalis, aus: Franz Eugen Köhler, Köhler’s Medizinal-Pflanzen, Gera-Untermhaus 1897
Abb. 4): Gefüllte Ringelblume, aus: Step. E. / Bois D., Favourite flowers of garden and greenhouse, vol.2, 1896/97,
Abb. 5) Gefüllte Ringelblumen-Sorten mit verschiedenen Farben, aus: Revue horticole, série 4, 1932
Abb. 6) Anbau von Ringelblumen auf einem Bergbauernhof in Südtirol, Foto Katrin Schulze


Rezept

Ringelblumen-Handcreme

Blütenköpfe bei schönem Wetter abschneiden und ausgebreitet an einem trockenen, schattigen Platz trocknen lassen. Eine Handvoll getrocknete Blüten mit 100 ml Olivenöl aufkochen, das Ganze 20 Minuten sieden lassen. Die Blüten abfiltern und den Satz gut auspressen. 3 Tropfen Melissenöl und 20 g Bienenwachs zur Flüssigkeit hinzufügen und alles gut verrühren. Die Masse noch flüssig in ein Glas füllen und verschließen.

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