Nutzpflanzen in historischen Gärten


Weinrebe

(Vitis vinifera subsp. vinifera)

Die Echte Weinrebe (Vitis vinifera subsp. vinifera) ist eine Unterart der Weinrebe Vitis vinifera. Die heute noch existente Wildform Vitis vinifera subsp. sylvestris ist die Ausgangsart, aus der sich die Kulturformen entwickelt haben. Sie hat ihre Hauptverbreitung am Mittelmeer und Vorderasien, in Deutschland findet man sie noch an wenigen Standorten am Oberrhein in lichten Auwäldern. Sie gilt hier als vom Aussterben bedroht.

Die Gattung Vitis ist seit wenigstens 100 Millionen Jahren auf der Erde verbreitet, wie die Funde versteinerter Pflanzenteile aus der Kreidezeit beweisen. Die Weinrebe Vitis vinifera ist in mindestens 30 Millionen Jahre alten Versteinerungen nachweisbar. Nach der letzten Eiszeit konnte sich die Weinrebe aus ihrem Rückzugsgebiet am Mittelmeer wieder in klimatisch begünstigte Flusstäler Mitteleuropas ausbreiten.
Vor etwa 7000 Jahren entwickelte sich im Mittelmeerraum und Vorderasien aus der zweihäusigen, wilden Weinrebe die einhäusige Edle oder Echte Weinrebe, die zwitterblütig ist. Der Vorteil der einhäusigen Pflanze ist, dass jedes Individuum Früchte tragen kann. Für eine Kulturpflanze ist dies ein großer Vorteil.
Durch vergleichende Sprachuntersuchungen wird der Ursprung der Weinkultur in Vorderasien vermutet, das Schriftzeichen der Sumerer für das Leben war ein Weinblatt. [1]
Eine Traubenpresse aus der Zeit vor etwa 6000 v.Chr. ist das erste Zeugnis einer primitiven Weinkultur in Vorderasien. In Hajji Firuz Tepe im Iran wurde ein etwa 7000 Jahre alter Krug entdeckt, in dem weinhaltige Subtanzen nachgewiesen werden konnten. [2] Auch in Ägypten muss sehr früh eine Weinkultur bestanden haben, bereits ca. 5000 v. Chr. gab es ein Wort für Wein. In Griechenland ist die Weinkultur erst ab etwa 1700-1500 v. Chr. belegt, spielte dort aber bald eine wichtige Rolle. Als Getränk wurde Wein meist mit Wasser gemischt, wohl auch um Wasser schlechterer Qualität genießbar zu machen. Die heute bekannte bakterizide Wirkung der Gerbstoffe und Polyphenole wurde offensichtlich schon damals erkannt. Die Griechen verbreiteten die Weinkultur bald auf die italienische Halbinsel, wo sie sich rasch ausbreitete und bereits frühzeitig zu einem Rückgang der italienischen Wälder geführt haben soll. Einen Höhepunkt erreichte der römische Weinbau dann während der Kaiserzeit. Aurelius Victor berichtet in der "Historia Augusta", dass Kaiser Probus um das Jahr 280 n.Chr. den "Galliern, Spaniern und Briten erlaubte, Reben zu besitzen und Wein herzustellen" ("Gallis omnibus et Hispanis ac Brittannis hinc permisit, ut vites haberent vinumque conficerent"). [3]

In Germanien begann der Weinbau auf der linken Rheinseite. Zahlreiche Funde wie etwa Weingefäße (Grabbeigaben) mit Traubenkernen und Inschriften ("bibas multos annos, vivamus, da vinum"), Hacken und Winzermesser sowie Weinfässer aus dieser Zeit bezeugen dies. [4]
Im Mittelalter galt Kaiser Karl der Große (ca.747-814) als einer der großen Förderer des Weinbaus in Deutschland. Er soll den berühmten Johannisberg im Rheingau angelegt haben. Auch durch die Verbreitung des Christentums wurde der Weinbau gefördert, hier vor allem durch die Klöster, besonders Zisterzienser und Benediktiner. Kloster Eberbach im Rheingau war ein bedeutendes Weinbau- und Weinhandelszentrum. [5]
Der Anbau von Weinreben war in vielen Gegenden Deutschlands verbreitet. Nach den Bauernkriegen im 16. Jahrhundert und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurden viele Weinberge in Bayern, Norddeutschland und Mitteldeutschland aufgegeben. Eine Verschlechterung des Klimas im Zuge der "Kleinen Eiszeit" ließ viele Reben orientalischer oder mediterraner Herkunft erfrieren. Daher findet man seither viele Sorten mährisch- ungarischen Ursprungs im traditionellen mitteleuropäischen Rebensortiment [6].

Reben wurden zu allen Zeiten nicht nur zur Weinbereitung angebaut, sondern auch als Obst zum direkten Verzehr: "Tafeltrauben werden diejenigen Weintrauben genannt, welche auf die Tafel zum Dessert gesetzt werden" schreibt die Enzyklopädie von Krünitz. [7] Vor allem Muskatellertrauben waren als Tafeltrauben sehr beliebt, daneben gab es auch Rebsorten, die für beide Zwecke genutzt wurden wie etwa Gutedel oder Ruländer. Tafeltrauben wurden gerne in Form von Hausstöcken angebaut, wobei die ältesten noch erhaltenen Stöcke in Deutschland mehr als 350 Jahre aufweisen. Tafeltrauben sind meist frühreifend, ihr Anbau gelingt auch in klimatisch weniger günstigen Lagen. Sorten wie der Black Hamburg eigneten sich auch hervorragend zur Treiberei "1) An einer Spalierwand, durch Vorstellen von Fenstern, 2) im Freien durch Auflegen von Fenstern, und 3) durch das Einziehen einzelner Reben oder eines ganzen Weinstocks in ein geheiztes oder durch die Sonne erwärmtes Helles Local." [8]

Michael Degle


Verwendete Literatur:
[1] Blaich, Rolf: Weinbau und Reben in der Flora Mitteleuropas; Online-Lehrbuch Universität Hohenheim 2000
[2] McGovern, Patrick E.: Ancient Wine: The Search for the Origins of Viniculture, Princeton 2003
[3] Ladinig, Peter: Wine & Culture, Norderstedt 2012
[4] siehe [1]
[5] Seitz, Ute: Wein, Sonderheft Nr. 12 der Reihe Palmengarten, Frankfurt 1989
[6] Interview mit dem Ampelographen (Rebsortenkunde) Andreas Jung auf traubenshow.de www.traubenshow.de
[7] Krünitz, Johann Georg: Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft, Berlin 1773 bis 1858; online unter kruenitz1.uni-trier.de www.kruenitz1.uni-trier.de
[8] Dochnahl, Friedrich Jakob: Katechismus des Weinbaus, Leipzig 1855


Trauben-Torte
Pflücke die Trauben ab, bestreue sie dick mit Zucker, lasse sie 3 Tage lang so stehen und koche sie auf; nimm dann die Beeren heraus, und lasse den Saft noch etwas einkochen, gib die Beeren wieder hinein und lasse sie über Nacht stehen. Den andern Tag nimm die Beeren nochmals heraus und koche den Saft zu Gelee ein. Unterdessen mache einen Butterteig, rolle ihn aus, mache eine Torte mit einem Gitter daraus, lege die Beeren darauf und backe sie schön. Wenn sie fertig ist, wird der Saft hinein gegossen.

Rezept aus:
Brunn, Therese: Würzburger Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche, Würzburg 1862

Bildergalerie
Zum Öffnen bitte auf ein Bild klicken