Nutzpflanzen in historischen Gärten


Die Mandarine

(Citrus reticulata)

Obwohl die Mandarine zu den ältesten kultivierten Zitrusfrüchten gehört, gelangte sie erst Anfang des 19. Jahrhunderts nach Europa. Sir Abraham Hume, ein englischer Pflanzensammler und Mitglied der Horticultural Society, brachte 1805 die ersten Mandarinen aus dem chinesischen Kanton nach England. Zunächst wurden Mandarinen überwiegend im Mittelmeergebiet angebaut. Erst zwischen 1840 und 1850 gelangte die Mandarine auch in die USA - zunächst nach New Orleans, von wo aus sie in Florida eingeführt wurde. Heute kommen Mandarinen vor allem aus Südeuropa, Israel, Nordafrika, Japan, China, Kalifornien und Südamerika in den Handel.

Mandarinen stammen ursprünglich aus Nordost-Indien, Nepal, dem südöstlichen China und Vietnam. In China, wo sie spätestens seit dem 12. Jh. v. Chr. kultiviert wurde, galt sie als die wertvollste aller Zitrusfrüchte. Neben verschiedenen anderen Theorien könnte ihr Name darauf zurückgehen, dass ihr Wert ebenso hoch eingeschätzt wurde wie der Rang des Mandarins, eines hohen chinesischen Staatsbeamten. Er wurde in vielen Sprachen in ähnlicher Form übernommen: französisch mandarine, spanisch mandarina, italienisch mandarino, englisch mandarin orange (oder auch tangerine nach der Stadt Tanger).

Mandarinen wachsen als Sträucher oder kleine Bäume bis 8 Meter Höhe. Die Pflanzen haben für Zitrusgewächse eine ausgezeichnete klimatische Anpassungsfähigkeit: Sie sind wesentlicher winterhärter als Orangen und zugleich sehr hitzeresistent, die Früchte selbst allerdings frostempfindlicher als Orangen und Grapefruits.

Die Mandarine ist eng verwandt mit der Orange (Citrus sinensis). Im Unterschied zur Orange ist sie aber leichter zu schälen und die Fruchtsegmente besser von einander zu lösen. Ihre Form ist nicht rund wie die der Orange, sondern oben und unten meist etwas abgeflacht. Typisch ist auch das netzförmige Nervennetz auf der Frucht, auf das sich die lateinische Bezeichnung "reticulata" (reticulum = Netz) bezieht. Die dünne Schale der Mandarinen ist reich an Ölzellen und das daraus gewonnene ätherische Öl ein begehrter Rohstoff für die Parfümherstellung. Auch aus den Triebspitzen wird Öl gewonnen, das unter anderem in der Aromatherapie eingesetzt wird. Die Früchte werden zwar auch zu Konservenobst verarbeitet, eine wesentlich größere Bedeutung hat jedoch der Verkauf für den Frischverzehr. Der Import der Früchte konnte sich bei uns jedoch aufgrund der schlechten Lagerungsfähigkeit der Mandarine erst relativ spät in Abhängigkeit von leistungsfähigen Dampfern und Kühlanlagen entwickeln.

In Hinblick auf Form, Größe und Geschmack der Frucht sowie Habitus der Pflanzen stellt die Mandarine die größte und variabelste Gruppe der Zitruspflanzen dar. Unter der Bezeichnung "Mandarine" laufen mehr als 50 bekannte Kultivare. Zur Terminologie und Einteilung in Gruppen oder Sorten existieren dabei in der Fachliteratur verschiedene Auffassungen.

Die hierzulande bekanntesten Sorten bzw. Hybriden der Mittelmeer-Mandarine (Citrus reticulata) sind Clementine und Satsumas. Beide reifen bereits zwischen Oktober und Dezember und sind daher bei uns bekannt als Begleiter des Spätherbstes und Advents - als Gabe im "Nikolausstiefel" nicht wegzudenken. Die Clementine ist eine Kreuzung aus Mandarine und Pomeranze (Citrus reticulata x Citrus aurantium), die 1902 in Algier gefunden wurde. Satsumas (Citrus reticulata var. unshiu), benannt nach einer japanischen Provinz, haben meist samenlose Früchte. Sie sind sehr winterhart und kälteresistent. Auch Tangelos (Citrus reticulata x Citrus x paradisi), die 1897 in den USA aus Mandarine und Grapefruit gezüchtet wurden, werden zu den Mandarinen gezählt.

Katrin Schulze


Verwendete Literatur:

Hume, H. Harold: Citrus fruits and their culture, New York 1904
Risso, Antoine / Poiteau, Alexandre: Histoire et culture des Orangers, Paris 1872
Schiraend, Carsten / Heilmeyer, Marina: Die Goldenen Äpfel. Wissenwertes rund um die Zitrusfrüchte, Berlin 1996
Voß, Bernhard: Citruspflanzen. Von Tropisch bis Winterhart, Pfaffenhofen a.d. Ilm 1997


Abbildungen:

Abb. 1–4) Clementinen (Fotos Katrin Schulze)

Abb. 5) "Oranger mandarin", Tafel 29 a, aus: Risso, Antoine / Poiteau, Alexandre: Histoire et culture des Orangers, Paris 1872.



Rezept

Gefrorene Schaumspeise von Mandarinen – Mousse aux mandarines

Man vermischt 8 Eigelbe mit dem Abgeriebenen und dem Saft von Mandarinen, gießt heißen Zucker von 30 Grad darüber und schlägt die Masse auf dem Feuer ab. Nachdem sie kalt ist, vermischt man sie mit geschlagener Sahne und läßt sie in der Form gefrieren.

aus: Gustav Brunfaut, Handbuch der modernen Kochkunst: nach eigenen Erfahrungen und unter Benutzung der besten deutschen und französischen Quellen. Berlin 1900


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