Der Weißkohl
(Brassica oleracea var. capitata f. alba)
Kohl wird in Europa seit etwa 7.000 Jahren kultiviert. Bereits die Römer, Griechen, Kelten und Germanen verfügten über mehrere unterschiedliche Kohlsorten. [1] Marcus Porcius Cato der ältere (234–149 v.Chr.) sprach beispielsweise in seinem Werk "De agricultura" ("Über den Ackerbau") davon, dass der Kohl "der an der Spitze aller Gemüsearten steht." [2] Das deutsche Wort "Kohl" ist eine Abwandlung des lateinischen Wortes für Stängel "Caulius". Der weit verbreitete Anbau des Kohls als preiswertes, einfach zu kultivierendes und gut lagerbares Nahrungsmittel führte jedoch dazu, dass diese Nutzpflanze mit den armen Bevölkerungsschichten in Verbindung gebracht wurde, da sie von diesen massenhaft angebaut wurde.
Im Altertum schrieb man dem Kohl auch an die heilende Wirkung zu. Der griechische Arzt DIOSKURIDES empfahl schon im 1. Jahrhundert n. Chr. den Verzehr von Kohl bei Durchfall und sogar gegen Schlangenbisse. Heute sagt man Weißkohl eine positive Wirkung auf die Magenschleimhäute nach. Er enthält einen sogenannten "Anti-Ulcus-Faktor" der die Entstehung von Geschwüren verhindern soll. Auch verfügt er über Senfölglykoside die eine krebshemmende Wirkung haben sollen. [4]
Der Weißkohl zählt wie auch sein rotköpfiger Bruder oder der Wirsing zu den Kopfkohl-Arten. Die Kopfkohl-Arten wachsen an einem kurzen gestauchten Stängel. Ihre Blätter wenden sich nach innen so dass sie eine feste mehr oder weniger geschlossene Kugel ausbilden. [6] Der Weißkohl, wie auch alle anderen Formen des Kohls, lässt sich auf den Wilden Kohl (Brassica oleracea ssp. oleracea) zurückführen. Diese Stammform ist auch heute noch von der Atlantikküste Nordspaniens über Frankreich und England bis hinauf nach Nordschottland verbreitet. [1] Der Weißkohl ist sehr nah mit dem Wirsing verwandt. Der Rotkohl ist die blaurote Farbvariante des Weißkohls, verfügt jedoch nicht über das große Spektrum an Kopfformen, das den Weißkohl auszeichnet. Blumenkohl und Brokkoli besitzen zwar ein vollkommen anderes Aussehen, sie haben sich jedoch, wie auch der Weißkohl, aus derselben Stammform entwickelt. [5] In Deutschland sollen zahlreiche Kopfkohlsorten erstmals gezüchtet worden sein. PHILIPS und RIX sprechen davon, dass hierzulande ursprünglich 1.150 unterschiedliche Weiß- und Rotkohlsorten angebaut worden sein sollen. [6]
Hier einige gegen Ende des 19. Jahrhunderts angebaute Weißkohlsorten, die sich in Wuchsform, Größe und Aussaat- bzw. Erntezeitpunkt unterscheiden: Braunschweiger: sehr großer, mittelfrüher Kohl, mit großen, festem, flachen Kopf; Ulmer Centaurkraut: späte Sorte, mit außerordentlich großen, steinharten Köpfen, für die Bereitung von Sauerkraut gut geeignet, nur zum Anbau auf dem Feld empfehlenswert; Erfurter, kleines, frühes: sehr früh, Kopf schön und von vorzüglicher Beschaffenheit, laut "Gressents einträglicher Gemüsebau" (1890) eine der kulturwürdigsten Sorten; Fiedler Kraut/Schwabenkraut: Kopf länglich, allmählich sich zuspitzend, fest, sehr zart, sehr gute süddeutsche Sorte, vorzugsweise hohe Lagen; Kasseler: frühe Sorte, großer, kegelförmiger Kopf; Magdeburger: großer, fester, weißer Kopf, gut für die Massenkultur auf dem Feld. [9]
Die Anbauzeit des Weißkohls beginnt Mitte März bis in den Mai, zu dieser Zeit wird das Saatgut in Aussaatkisten oder ab Anfang Mai direkt ins Freiland ausgebracht. Die Pflanzen können bis kurz vor dem ersten Frost geerntet werden. [7] Will man selbst Saatgut gewinnen, dann muss man die Kohlköpfe in Deutschland, aufgrund ihrer Frostempfindlichkeit, mit ihren Wurzeln im Keller überwintern. Im Frühjahr kann man sie wieder auspflanzen. Sie bilden dann im Sommer Sprosse mit üppigen Blütenständen. Aus den Blütenständen entwickeln sich schließlich Schoten, die dann geerntet werden können. [8 ] [5]
Schon im St. Gallener Klosterplan von 826 ist die Bepflanzung eines Gemüsebeets mit Kohl vorgesehen. [10] Im Verlauf des 16. Jahrhunderts kommt es dann schließlich in deutschen Kräuterbüchern vermehrt zu bildlichen Darstellungen von Weißkohl. Beispielhaft können hier die Bücher von Leonard FUCHS (1543) und Hieronymus BOCK (1551) genannt werden. Die Kultivierung des Weißkohls muss jedoch bereits wesentlich früher begonnen haben. Schon Hildegard VON BINGEN (1098–1179) kennt den Weiß- und den Rotkohl. Es fehlen jedoch Abbildungen und Beschreibungen aus dieser Zeit. [11] Im Frühen 19. Jahrhundert beschäftigte man sich intensiv mit den unterschiedlichen Kohlsorten. So beschrieb der in Heidelberg tätige großherzogliche Garteninspektor Johann Christian METZGER (1789–1852) in seiner 1833 verfassten Monographie über den Kohl, dessen "unterschiedlichen Spielarten". Zu den Kopfkohlarten zählte er neben dem Weißkraut (Weißkohl), das Rotkraut (Rotkohl), das Yorkerkraut (Spitzkohl) sowie das heute nur noch wenig bekannte Zuckerhutkraut (Zuckerhutkohl). [12]
Im Gegensatz zur heutigen Zeit, in der man zur Konservierung von Lebensmitteln Kühlschränke und große Kühlhäuser nutzen kann, musste man in der Vergangenheit auf andere Wege und Mittel zurückgreifen, um den Weißkohl haltbarer zu machen. Neben der frostfreien Lagerung des Weißkohls in dunklen Kellern, spielt bei der Haltbarmachung auch die Weiterverarbeitung eine größere Rolle. So wurde Weißkohl bereits im Mittelalter als Sauerkraut haltbar gemacht und stand auf diese Weise als Nahrungsmittel und wichtiger Vitaminlieferant im Winter zur Verfügung. [13] METZGER schreibt 1833 in seinem Buch, dass der Kohl bis Dezember grün gekocht oder zu Sauerkraut verarbeitet werden sollte um es haltbarer zu machen. [12]
Julian Jäckel
Literatur:
[1] Pierre David, Gilles Mermet u. Martine Willemin (2011), Der Küchengarten des Königs, Köln, S. 202
[2] Dieter Flach (Hrsg.) (2005), Marcus Porcius Cato. Über den Ackerbau. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Dieter Flach, CLXV
[3] Jürgen Dahl (Hrsg.) (2004), Album Benary. Alte Gemüsesorten, Waltrop und Leipzig, S. 10
[4] Florian von Heintze (2006), Bild-Wissensbibliothek 5. Pflanzen und Umwelt. Das große Volks-Lexikon. 1000 Fragen und Antworten, S. 202
[5] Andrea Heistinger (2004), Handbuch Samengärterei. Sorten Erhalten. Vielfalt vermehren. Gemüse genießen, Innsbruck, S. 212
[6] Roger Phillips u. Martyn Rix (1993), Gemüse im Garten und Natur, München, S. 18 u. 19
[7] Kornelia Duwe (2014), Weißkohl (Brassica oleracea var. capitata f. alba), auf: Pflanzenlexikon,
pflanzen-lexikon.com http://www.pflanzen-lexikon.com/Box/Brassica_oleracea_var_capitata_f_alba.html, Stand: 03.04.2014
[8] Reinhard Lieberei u. Christoph Reisdorff (2007), Nutzpflanzenkunde, S. 245 u. 246
[9] Gressent (1890), Gressent’s einträglicher Gemüsebau, Berlin, S. 131 - 133
[10] Hans-Rudolf Heyer (1980), Historische Gärten der Schweiz, Bern, S. 21 u. 22
[11] Udelgard Körber-Grohne (1995), Nutzpflanzen in Deutschland. Von der Vorgeschichte bis heute, Stuttgart, S.179 - 184
[12] Johann Christian Metzger (1833), Systematisch Beschreibung der kultivierten Kohlsorten mit ihren zahlreichen Spielarten, ihrer Kultur und ökonomischen Benutzung, Heidelberg
[13] Martina Frietsch (2011), Typisch deutsch – Sauerkraut, planet-wissen.de http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/essen/kohlgemuese/sauerkraut.jsp Stand: 08.04.2014
[14] M. von Strantz (1877), Unser Gemüsebau. Mit Anschluß der Kastanie, Olive, Kaper, der Wein- und Hopfenrebe, Berlin, S.57
Rezept Krautsalat
1. Einen Weißkohl vierteln und dann kleinhobeln.
2. 1 Esslöffel Senf ins Kraut rühren.
3. Eine Gemüsezwiebel hacken und dazugeben.
4. Einen Sud kochen aus: 1/8 Liter Weißweinessig, 200ml Sonnenblumenöl, 100g Zucker und 1 Esslöffel Salz.
5. Alles aufkochen, verrühren und heiß über das Kraut geben, gut durchrühren und ziehen lassen.